Qualität statt Kunstaroma und Massenware

Fränkische Metzgermeister setzen Zeichen für handgemachte Fleischwaren ohne Geschmacksverstärker

VEREINSGRÜNDUNG

Ein Beitrag von SIGISMUND VON DOBSCHÜTZ
aus Nr. 1 |
4. Januar 2017 | allgemeine fleischer zeitung 

Zwanzig Metzger aus Franken gründeten Anfang Dezember letzten Jahres den Verein „Fränkisches Wurst-Reinheitsgebot e.V.“ und sagten damit der Verwendung künstlicher Geschmacksverstärker sowie der industriellen Massenproduktion den Qualitätskampf an. Initiator ist der im Landkreis Bad Kissingen geborene Feinschmecker Kilian Moritz (51), Professor für Journalismus und Medien an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Erster Vorsitzender des derzeit 20 Mitglieder zählenden Vereins ist Metzgermeister Markus Alles (31) aus Burkardroth-Frauenroth (Landkreis Bad Kissingen).

Der Zweck des Vereins ist gemäß Satzung die Förderung aller fränkischer Fleischwaren, die ohne Geschmacksverstärker wie Mononatriumglutamat (E 621) hergestellt und vertrieben werden. „Nach 500 Jahren Reinheitsgebot für Bier war es endlich an der Zeit, auch für handgemachte fränkische Fleischwaren ein deutliches Zeichen zu setzen“, erklärt Moritz seine Idee zur Vereinsgründung. Recht schnell war es ihm gelungen, die Metzgermeister seiner Heimat für die Idee zu begeistern.

Vereinsmitglied dürfen nur handwerkliche Betriebe wie Metzger, Wursthersteller und Gastronomen werden, die ausschließlich Fleischwaren ohne Geschmacksverstärker zum Kauf anbieten oder verarbeiten. Lediglich zugekaufte Produkte regional geschützter Marken wie Schwarzwälder und Serrano-Schinken oder ähnliche Produkte sind als Ausnahmen erlaubt. Auf die dort enthaltenen Geschmacksverstärker muss dann allerdings für den Kunden leicht erkennbar hingewiesen werden.

Auch Gewürzhersteller sind im neuen Verein willkommen, wenn ihre Erzeugnisse zum Würzen von Fleischwaren keine Geschmacksverstärker enthalten. „Erst seit etwa fünf Jahren gibt es ein größeres Sortiment solcher reinen Gewürze und Mischungen“, erinnert sich Metzger Alles an seine Berufsanfänge. Früher hatten schon die Hersteller die Glutamate ihren Gewürzen beigemischt. Doch die Kundschaft wurde allmählich gesundheitsbewusster, die Angst vor Unverträglichkeiten und Allergien ließ mehr und mehr Käufer vor künstlichen Zusatzstoffen zurückschrecken. „Die Meinungen der Fachleute über Glutamate gehen allerdings auseinander“, weiß natürlich auch Alles. „Glutamate sind in vielen Lebensmitteln bereits natürlicherweise enthalten“, meint dazu Aleksander Szumilas, Pressesprecher des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen.

Das Hinzufügen sei deshalb bis zu einer Menge von zehn Gramm pro Kilogramm erlaubt. Hinweise auf gesundheitliche Schädigungen hätten wissenschaftlich bisher nicht bestätigt werden können. „Überempfindlichkeitsreaktionen können jedoch nach Aufnahme großer Mengen bei einzelnen Personen auftreten.“
Dies will auch der Bad Kissinger Innungsmeister Robert Schmitt nicht ausschließen. Doch zur grundsätzlichen Verdammung aller Geschmacksverstärker sieht er keinerlei Grund. In seiner Innung sind beide Lager vertreten – manche Mitgliedsbetriebe arbeiten mit, andere ohne Geschmacksverstärker. Den neuen Verein zur Verteidigung eines fränkischen Wurst-Reinheitsgebots hält Schmitt dennoch für „eine gute Sache“. Aber, so der Innungsmeister weiter: „Produkte mit Geschmacksverstärkern sind keinesfalls schlechter als ohne.“ Viel wichtiger für die fränkische Wurst sei doch die Qualität des verwendeten Fleischs. Für Metzgermeister Markus Alles und seine Vereinsmitglieder ist das selbst auferlegte Reinheitsgebot für fränkische Fleischwaren allerdings längst überfällig. Die täglich eintreffenden Mitgliedsanträge seit Bekanntwerden der Vereinsgründung scheinen dies zu bestätigen. „Sogar in unserer fränkischen Bratwurst ist doch bei manchen Metzgern schon Glutamat enthalten“, ist Genießer Kilian Moritz frustriert. Das vom Verein bereits beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldete Warenzeichen (Grafik: Barbara Müller-Schleich, Hergolshausen) soll deshalb allen Mitgliedern auch als Qualitätssiegel dienen.

Quelle: afz 1/2017 (der gesamte Artikel als PDF)